NARJESUS erweitert den Horizont – Blog

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Schlagwort-Archiv: Montessori

„Haus Berlin“ – und wieder spielt CAI Verstecken

Bei der Durchsicht der Workshops zum Berliner „transforum 2012“ ist es mir zum ersten Mal aufgefallen: Das emergent-missionale Missionswerk Christian Associates International (CAI), das uns in diesem Blog in Verbindung mit der schleichenden Emergentisierung der europäischen christlichen Szene schon mehrfach beschäftigt hat ( mein Posting „Seltsam unbekannte Missionswerke und was sie tun“), bereitet in Berlin ein „ServeTheCity“ vor und versucht sich in Berlin zu etablieren. In der Ankündigung des betreffenden Workshops wurde unter den Verantwortlichen Melinda Means genannt, die bereits seit 2008 bei CAI als Mitarbeiterin für/in Berlin geführt wird und Mitarbeiterin von „ServeTheCity Berlin“ wie auch eines mir zuvor unbekannten „Haus Berlin“ ist. Laut der schon existierenden eigenen Facebook-Präsenz ist „ServeTheCity Berlin“ im September 2011 gegründet worden und hat bereits stundenweise kleinere „ServeTheCity“-Aktionen durchgeführt. Weitere Informationen zu ServeTheCity und den theologischen Hintergründen können meinem Posting zum letztjährigen Bremer ServeTheCity entnommen werden.

Aber was ist nun das „Haus Berlin“? Aufgrund des obigen Zusammenhangs und des Namens nahm ich zunächst an, daß es sich dabei um eine Art Kontaktbüro für CAI- oder ServeTheCity-Aktivitäten oder um ein Dach für soziale Projekte handelt, und forschte nicht weiter nach. Bei einem kürzlichen Besuch des Blogs von Marcus Fritsch, der für CAI in Göteborg tätig ist ( mein Posting „Emergent på svenska“), entdeckte ich nun einen neu hinzugekommenen Link „CA in der Hauptstadt: Haus Berlin“, den ich dann sogleich aufrief. Und zu meiner Überraschung las ich dort unter anderem folgendes:

HAUS BERLIN – Kirche mittendrin
ist ein Gründungsprojekt einer evangelischen Freikirche im Zentrum Berlins.

[…]

Wer verbirgt sich hinter HAUS BERLIN?

[…] HAUS BERLIN wird geleitet von einer gemeinsamen Leiterschaft der beiden Pastoren William Whittenberg und Christine Thumm.
[…] HAUS BERLIN ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein, und ist eingebettet in einen Kreis befreundeter Gemeinden in Berlin unter „Gemeinsam für Berlin“.

(aus: Haus Berlin, Über Uns)

„Haus Berlin“ ist also ein von CAI betriebenes Gemeindegründungsprojekt im Zentrum Berlins. Auf der Website von CAI ist das „Haus Berlin“ zwar noch nicht in die Text-Tabelle, sehr wohl aber in die Kartendarstellung der Westeuropa-Projekte eingepflegt, womit die Urheberschaft von CAI eindeutig belegt ist. Auf der Website wie auch auf der Facebook-Seite vom „Haus Berlin“ wird jedoch – ähnlich wie bei der internationalen ServeTheCity-Website – die CAI-Urheberschaft mit keinem einzigen Wort erwähnt!

Die Gemeinde „Haus Berlin“ betont in ihrem Profil stark das partizipatorische Element, das soziale Engagement (insbesondere mittels der Plattform ServeTheCity), sowie das „Mittendrin“-Sein in den sozialen Zusammenhängen des Stadtteils. Ansonsten bleiben die Aussagen im Profil auffallend vage und schwammig. Da ist die Rede von einer „neuen, modernen Kirche mit alten christlichen Grundüberzeugungen“, davon, „dass es Sinn macht, sich an diesem geistlichen [christlichen] Erbe [unseres Landes] auszurichten und es für die heutige Gesellschaft relevant werden zu lassen“, und schließlich davon, daß „wir […] eine beständige Neuorientierung am christlichen Glauben erfahren“ und „uns als Einladung […] für alle [sehen wollen], die […] uns auf dieser Entdeckungsreise begleiten möchten“.

All diese Formulierungen wirken herrlich „undogmatisch“; man vermeidet im Geiste postmodernistischer „Openmindedness“ bewußt jede Art von klarer Lehraussage oder Ansage zur theologischen Ausrichtung (um nicht mißverstanden zu werden: Eine gesunde(!) Art von Openmindedness und Bereitschaft, sich auf das Leben anderer einzulassen, gehört zum Christsein auf jeden Fall dazu!). Gewiß heißt es im Text auch „Wir glauben an das Evangelium von Jesus Christus“, und man sollte eigentlich denken, daß dieser Hinweis genügt. Leider nicht – wir werden zumindest noch ein Stück weit sehen, warum. Das tatsächliche Ausmaß emergent-missionalen Denkens beim „Haus Berlin“ wird so nicht in vollem Maße sichtbar und bleibt zunächst verborgen.

Die Entstehung dieser Gemeindeneugründung ist nicht ohne einen Blick auf die Biographie der Leiterschaft zu verstehen. Die Leiter der Gemeinde „Haus Berlin“, die aus Süddeutschland stammende spätere Jugendleiterin in der Lukas-Gemeinde Berlin-Schöneberg im Mülheimer Verband, Christine Thumm, und das Ehepaar Sheila Lorene & William Wilson Whittenberg, Gemeindegründer und Absolventen der Baylor University in Waco, Texas, sind in Berlin keine Unbekannten und ein seit Jahren gemeinsam arbeitendes Team. Alle stiegen zum Jahreswechsel 2000/01 in kurzem zeitlichen Abstand in die Leitung der „Jugendkirche Berlin-Marzahn“ ein, ein mit Unterstützung eines OM-Teams in den 1990er-Jehren begonnenes Gründungsprojekt der Lukas-Gemeinde, das inzwischen als „Kirche 43 Marzahn“ eigenständige Gemeinde im Mülheimer Verband geworden ist. Whittenbergs und Christine Thumm verließen 2006/07 im Abstand von einem Jahr die Jugendkirche Marzahn und wechselten anschließend in die Leitung der Gemeinde „Antioch Berlin“, eine 2003 (e.V. 2006) von Van Vandegriff gegründete und geleitete Tochtergemeinde der „Antioch Community Church“ (ACC) aus Waco, Texas, einer missionarischen Gemeinde, die stark Evangelisation und Jüngerschaft durch sich multiplizierende Zellgruppen betont, zahlreiche Gemeindegründungen in und außerhalb der USA initiiert und über 100 Missionare ausgesandt hat. Noch 2008 wirkte William Whittenberg, der ausgebildeter Musiker ist („wilsongs“), an der Lobpreis-Musikproduktion zur ACC-Konferenz „World Mandate 2008“  in Waco mit und wird als Mitglied von Antioch Berlin genannt. 2009 predigte Christine Thumm in einigen MV-Gemeinden in Baden-Württemberg im Hinblick auf ihre Arbeit in Berlin und wurde dabei als Mitglied der Gemeindeleitung von Antioch Berlin angekündigt.

Was dann geschah, ist unbekannt. Jedenfalls trat Van Vandegriff im Juni 2011 als leitender Pastor von Antioch Berlin zurück und bot sich an, weiterhin als Berater von Antioch Berlin zur Verfügung zu stehen, „wann immer es von der Gemeinde gewünscht werde“; jedoch löste sich noch vor Jahresende 2011 die Gemeinde auf, und Van Vandegriff kehrte wieder nach Waco zurück. Vermutlich ebenfalls 2011 wurden Whittenbergs und Christine Thumm CAI-Mitarbeiter (2010 waren sie es jedenfalls noch nicht) und werden als solche auf der CAI-Website geführt, was bedeutet, daß irgendwann zuvor bei ihnen ein geistlicher Umbruch in Richtung emergent-missionaler Theologie stattgefunden haben muß. Ob dieser Umbruch eng mit der Auflösungsphase von Antioch Berlin zusammenhängt, diese ausgelöst hat, ein allgemeiner Prozeß bei Antioch Berlin war oder schon vor Jahren in Marzahn begann, ließ sich bislang nicht feststellen.

Fest steht aber, daß Christine Thumm „schon längere Zeit in Kontakt mit unserem Ök.[umenischen] Arbeitskreis [Prenzlauer Berg] kommen“ wollte – so ein Protokoll desselbigen vom 26.01.2012 -, und daß William Whittenberg, der seit 2010 mit zwei Mitstreitern als Acoustic Indie Jazz/Pop-Band „Black Swans“ musiziert, spätestens seit 2011 eine deutliche Affinität zur Emergenten Bewegung sowie ihren Protagonisten entwickelt hat. Bei der Vorauswahl der Sprecher für die 9-stündige Online-Leiterschafts-Konferenz „The Nines“ vom Leadership Network am 27.09.2011, bei der auch Leute wie Francis Chan, Mark Driscoll und John Piper zur Auswahl standen, stimmte William Whittenberg ausschließlich für die eindeutig emergenten Kandidaten Nadia Bolz-Weber, Tony Campolo, Phyllis Tickle, Tony Jones und Peter Rollins, ihre hierzulande weniger bekannten Mitstreiter Phil Shepherd, Julie Clawson und Andrew Marin, sowie für „Linksevangelikale“ wie den Kritiker des klassischen Evangelikalismus Franky Schaeffer und den Präsidenten von World Vision USA und Autor von „The Hole in Our Gospel“, Richard Stearns.

Seine Frau Sheila, die im Nebenberuf als Montessori-orientierte Englisch-Lehrerin an einer privaten Berliner Grundschule arbeitet, begann im Oktober 2010 – parallel zum Beginn ihres Dienstes als Kinderpastorin noch bei Antioch Berlin – ihren Blog „Explore and Express – Thoughts about children’s spirituality“. Neben der Montessori-Orientierung und der Betonung von Sensorimotorik findet sich auf dem Blog eine auffällige Betonung und starke Ritualisierung bestimmter Traditionen wie beispielsweise der Fastenzeit (englisch: The Lent – wohlgemerkt: nicht Passionszeit), wie man sie gerade in der Emergenten Bewegung findet, eine Empfehlung des Buches „Storytelling with Children“ von der Anthroposophin Nancy Mellon – deren Meinungen sie zwar an einigen Stellen als zu esoterisch empfindet, wobei sie aber dennoch die Grenzen zur Befürwortung postmodernistischen Storytellings als Stimmungserzeuger und Projektionsfläche eigener Empfindungen überschreitet -, ferner in der Blogroll „Interesting Blogs“ ein Link zum Blog „The Drum“ von CAI-Chef Rob Fairbanks (was bei einer CAI-Mitarbeiterin zu erwarten ist) und, äußerst irritierend, unter der Rubrik „Inspirierende Links“ ein Link zu „Christians Practicing Yoga“.

Welchen Wert hat nun angesichts dieser geistlichen Gegebenheiten ein Satz im Gemeindeprofil wie „Wir glauben an das Evangelium von Jesus Christus“? Jeder sollte nun verstanden haben, warum ich oben geschrieben habe, daß ein derartiger Hinweis, für sich genommen, kein hinreichender Indikator für eine biblische theologische Ausrichtung ist. Wir haben hier eine eindeutig emergent-missionale Gemeindegründung, sogar mit der Gefahr fremdreligiöser Einflüsse, vor uns. Passend zum emergent-missionalen Charakter finden wir im Profil unter „Soziales Engagement“ den Satz „Wir glauben, dass Gott die Welt spirituell, sozial und materiell erneuern möchte“, der vom Kontext her sich ganz offensichtlich nicht auf die Wiederkunft Jesu bezieht, sondern vielmehr die typische Reich-Gottes-Theologie der Emergenten Bewegung und der Integralen Mission im Sinne eines mit menschlichen Mitteln vorverlagerten messianischen Friedensreichs widerspiegelt.

Was ist nun künftig beim „Haus Berlin“ zu erwarten? Mit Sicherheit wird es innerhalb der nächsten zwei Jahre eine ServeTheCity-Aktionswoche im Berliner Kiez (oder gar berlinweit unter Beteiligung von „Gemeinsam für Berlin“) geben; die Gruppe dafür ist ja bereits gegründet. Darüber hinaus könnte, je nach Entwicklungsstand der CAI-Aktivitäten in Berlin, auch der CAI-Cheftheologe Andrew Perriman nach Berlin kommen, um mit dem Projektteam das CAI-Programm TREK (“Theological Resourcing for an Emerging Kultur”) durchzuführen. Durch diese Gemeindegründung werden auf jeden Fall die Emergentisierungstendenzen im gegenwärtigen „Gemeindegroßlaboratorium Berlin“ weiter beschleunigt.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal jeden bekennenden Christen, dem die Wahrheit des Wortes Gottes sowie eine gesunde biblisch-christliche Lehre und Weltsicht als Basis für das eigene Leben, die Aktivitäten der Gemeinde sowie das missionarische und gesellschaftliche Engagement am Herzen liegt, dringend vor einem Engagement bei CAI und seinen Initiativen (ServeTheCity, novavox) warnen. Wer an CAI andockt, wird theologisch emergentisiert, und wer CAI unterstützt, fördert damit die emergente Unterwanderung der christlichen Szene einer Stadt.